Obwohl gleich zu Anfang dieser Folge von Dr. Molly & Karl folgender Dialog stattfindet --
Klarholdt: "Wenn sie ihr eine Chance geben, dann werden sie sich überzeugen können"
Molly: "Ich bin bereits überzeugt. Sie oder ich."
-- sind wir beim SAT 1 Serien-Donnerstag geblieben und haben nicht nach Plötzlich Papa - Einspruch abgelehnt weggezappt. Nach nur einem Arbeitstag ist für Dr. Molberg der Fall Karl völlig klar. Wir sind aber nicht so, vor allem, um auf das ständige "ihr gebt deutschen Serien doch gar keine Chance!" reagieren zu können. Nicht die Vorurteile der Zuschauer sind das Problem... Trotz der Pilotsendung letzte Woche gaben wir dem Team also noch eine Chance.
In der zweiten Folge von Dr. Molly & Karl - Der Mann mit den Kopfschmerzen - vom 30.10.08 wurde vor allem eines völlig klar: Die Abwesenheit von nennenswerten Freundschaften unter den Hauptfiguren. Vor allem Freundschaften der Art, die kein Set-Up für Romantik sind. Und: wir würden gerne sehen, dass der schüchterne Dr. Wienandt (Daniel Krauss) etwas mehr zu tun kriegt. Dr. Wienandt ist ein Sympathieträger, falls man in dieser Serie so einen überhaupt finden kann. Dr. Jansen nervte heute nur, Karl ist unglaubwürdig.
In dieser hochgiftigen Umgebung fiel weiterhin auf:
1. Collien Fernandes kann ihre Rolle (ähem, okay, ihren Gig, um's neutral auszudrücken) in Dr. Molly & Karl an einem Tag kurz in der Mittagspause drehen. Dürfte also keinen Einfluss auf ihren "day job" haben. Die paar Worte Text kann sie noch eben am Set schnell auswendig lernen, ist also kaum Zeitaufwand.
2. Die Theaterbühnen und Hörbuchverlage vermissen Sabine Orléans vermutlich ganz schrecklich und da wir im Interesse der Kunst gerne Opfer bringen, wären wir sehr dafür, sie ziehen zu lassen. Auch den Dramaturgen, ähem, Regisseur, den ihre Darbietungen zu faszinieren scheinen, wollen wir nicht weiter beim schnöden und (lt. gefeuerte bzw. werbende Kritiker) ach so trivialen TV festhalten. Alternativ: Stummfilm in schwarz-weiss, mit dramatischem Make-up. Comedy, vorzugsweise. Obwohl, wäre wohl alles Comedy, bei der Mimik, auch ohne die unterirdische Delivery des Dialogs. [Bei der fürchterlich künstlich wirkenden Aussprache ist sicher ein Nebeneinkommen als Synchronsprecherin drin. Wir kennen ja die Vorlieben der Synchro-Firmen, leiden unter den Früchten deren Arbeit noch so lange, bis der Zweikanalton endlich generell für O-Ton verwendet wird (für die engl. Serien). Rant Ende ]
3. Wenn Susanna Simon nicht gerade das liebe, mitfühlende Mädel spielen darf, ist sie ziemlich aufgeschmissen. Total versiebt eine Szene im Aufzug mit Priester Jack (Roman Knizka), in der sie sich künstlich aufregt. Die Szene war eh' aus verschiedenen Gründen problematisch für die Figur der Psychologin und wurde durch die Aufregung nicht besser.
a) wenn jemand beleidigt ist/sich gar darüber aufregt, für lesbisch (oder schwul oder bi) gehalten zu werden, was sagt das dann über die Person selbst aus? Eben. Sie hält lesbisch (oder schwul oder bi) zu sein für etwas schlechtes, den Kommentar sieht sie als einen Vorwurf, eine Beleidigung. Da hilft auch die dumme Bemerkung von Sonnenschein nichts, die - genauso vorurteilsbeladen - das nun wieder cool findet, als wär's ein neues Outfit. "Herr, lass Hirn regnen", meinte Dr. Molly. Wenn er schon dabei ist, soll er auch noch Gespür mit herunterschütten, und zwar Mengen. Ersatzweise nehmen wir auch politische Korrektheit, damit hat er das deutsche TV bis jetzt eh' unterversorgt.
Wenn man das dann im Zusammenhang mit der Bemerkung von Alex Degen in Plötzlich Papa - Einspruch abgelehnt sieht - aus dem selben Produktionshaus - dann fragt man sich, was das soll. Ist es hip, in einer Serie das Thema zu erwähnen? Plötzlich Papa hat einen Alibi-Schwulen im Büro sitzen, den unser Held dumm anlabern kann, bei Dr. Molly scheint alles völlig hetero. What gives?
b) So als Vorspiel für die angekündigte Romantik zwischen Karl und Jack kann man nur sagen: völlig daneben gegriffen mit der Konvo im Lift.
4. Karl hat ab und zu gute Einfälle, aber wenn man nicht wüsste, dass sie Psychologin ist - man würde nie drauf kommen, wenn man ihr "privat" zusieht. Sich mit Molly - oder wem auch immer - auf Streitereien einzulassen, ist etwas, was man schon bei einem Nicht-Psychologen als dumm bezeichnen würde. Die Figur per se ist einfach nicht glaubwürdig.
5. Es gibt etliche überflüssige Rollen, die der Autor nur mühsam in die Episoden quetschen kann. Die beiden Krankenschwestern, den Geistlichen und letztlich auch noch den Ehemann von Dr. Molberg.
6. Negativität. Dr. Molberg will Dr. Edelhardt, also Karl, loswerden. Dr. Jansen will Dr. Molberg abschiessen. Dr. Molberg kennt die Situation, aber schürt sie nur. Dr. Molberg blökt ihre Tochter am Telefon an während sie durch die Gänge rennt, Karl nebenher (Vergleiche mit Stan und Ollie ziehen wir nicht, das wäre politisch unkorrekt). Dr. Wienandt (Daniel Krauss) würde anscheinend gerne Dr. Molberg das Dessert wegnehmen ;) Keiner fühlt sich wirklich in der Laune, Karls Fragebögen auszufüllen (Ausnahme: Jansen, der gleich anzüglich werden muss). Ein Sammelsurium an negativen Energien also.
7. Die beste Story - die des Patienten Becker war recht interessant - hilft nicht, wenn das drumherum nicht funkt.
8. Kurz hatte man das Gefühl, dass Karl sich zum Wilson-Verschnitt mausern soll.
Dr. Molly hat sich heute noch unsympathischer präsentiert als in der letzten Folge (falls das möglich ist). Man wollte sich angeblich weiter von Dr. House entfernen. Gelungen. Dr. House ist interessant. Dr. Molly ist arrogant. Andererseits lief der Fall des heutigen Patienten ziemlich wie ein typischer Dr. House Fall ab. Man nutzte ein Home-Video des Patienten und Dr. Molly sorgte ganz in Dr. House-Manier dafür, dass der Patient einen Anfall bekam.
Ausflüge in's Reich der Kinder, in denen sich Molly und Karl Zettelchen zuschieben, oder Dr. Molberg auf Karls Fragebogen Männchen malt und kindische Kommentare dazuschreibt? Keine gute Idee.
Zu Karl können wir nur sagen: Welcher halbwegs intelligente Mensch respektiert einen Shrink, der raucht? Das letzte, was das anämische Mädelchen Dr. Carlotta Edelhardt braucht, ist eine weitere Schwäche, die nur von ihrer professionellen Unfähigkeit zeugt. Rauchende Krankenschwestern, Chirurgen, etc. sind etwas anderes, die sollten eine Psychologen aufsuchen. Rauchende Psychologen? Get real. Das Equivalent eines Zahnarztes mit gelben, kranken Zähnen. Peinlich.
Natürlich sehen wir in weiter Ferne Product Placement Möglichkeiten für diverse Produkte - Nikotinkaugummis und -Pflaster. ;) Hypnose, Akupunktur könnte auch witzig sein. Alternativ: Wir lernen Karls Psychologen kennen, sind bei den Sitzungen dabei, in denen sie über ihre Abhängigkeit redet, ihre Sucht und Selbstmedikation, und - vor allem - über das interessante Trauma, das sie zur Selbstmedikation gebracht hat. Hi. Irgend etwas muss das Mädel doch zu bieten haben. Sie kann doch nicht ein weiteres farbloses Blondchen sein, das uns als Mittelpunkt des männlichen Interesses aber ohne interessante Persönlichkeit serviert wird.
Der Dialog war wieder hit-and-miss. Manches von Dr. Molberg hätte recht witzig sein können, scheiterte aber an der wenig überzeugenden Performance von Orléans. Simon hatte auch die Möglichkeit, für ein, zwei Grinser zu sorgen. Überwiegend schien der Dialog allerdings eher zu gleichen Teilen aus KiTa/Seniorenresidenz zu kommen. Willl man den deutschen Durchschnitts-Zuschauer nicht überfordern oder warum könnten die Sprüche auch von Else Kling stammen?
Wir haben zwar keine Ahnung, wer Jansen (Michael Rotschopf) ist und ob er 'was taugt, aber er hat's auf die Position von Dr. Molberg abgesehen. Wir denken uns: Mach hinne, Jansen, die Macht sei mit dir. Je früher du Molberg absägst, desto eher schalten wir wieder ein und gucken 'mal, ob du's vielleicht bringst. (Gestört hat, dass er ständig irgendwen ansieht, als wollte er flirten. Hat Rotschopf noch 'nen anderen Blick im Repertoire?)
Ob uns Plötzlich Papa - Einspruch abgelehnt, die unterhaltsamere der beiden SAT 1 Serien-Donnerstag Serien, nächste Woche wieder versöhnlich stimmen wird und wir wieder dranbleiben?
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