Oscars 2009 - Gesang, Tanz, Langeweile

Es waren ja einige Veränderung in der Präsentation der Oscars angekündigt, aber alles war natürlich streng geheim. Wir hatten schon gehört (und gesehen), dass der diesjährige Host der Show, Hugh Jackman, singen und tanzen sollte, aber wirklich geglaubt hatten wir das nicht. Für einen schnellen Überblick:> Liste der Nominierten und Oscar-Gewinner< style="font-weight: bold;"> Jackman und holt sich dann auch noch Schneeweißchen (Anne Hathaway) auf die Bühne, wodurch er noch dunkler wirkt. Die Tortur ist sicher kurz - in "ich habe eine gute Zeit" Zeitmessung - aber trotzdem kaum auszuhalten. Doch die Erleichterung über das Ende des Anfangs währt nur Sekunden, denn...

5 Frauen inkl. Anjelica Huston und Goldie Hawn stehen auf der Bühne herum. Bin ich in einer griechischen Tragödie gelandet? Hallo? Jede erzählt, wie toll eine der für den Oscar als Beste Nebendarstellerin nominierten Schauspielerinnen sind. Der Preis geht an Penelope Cruz.

Tina Fey (Baby Mama) und Steve Martin (Baby Mama, demnächst: Der rosarote Panther 2) präsentierten den Preis für Bestes Original-Drehbuch. Witzig: Die Präsentation, während der ein Drehbuch für *eine Reality Show* gelesen wird, ist unweigerlich ein Kommentar zu den derzeit wieder brodelnden Unstimmigkeiten. Letzte Woche wurde ja vor den Toren von American Idol (das Equivalent zu Deutschland sucht den Superstar) demonstriert, weil die Autoren von "Reality"-Shows generell schlechter dastehen als die anderen TV-Autoren - sie werden schlechter bezahlt und bekommen auch keine Kranken- oder Rentenversicherung vom Arbeitgeber offeriert...

Der Gewinner für Bestes Original-Drehbuch, Dustin Lance Black für Milk, nahm die Gelegenheit wahr, in seiner Rede ein gefühlvolles Plädoyer für die Gleichberechtigung homosexueller Menschen machen, besonders in Bezug auf die Institution der Ehe, mit all ihren Vorteilen. Erst kürzlich wurde das ja in California per Volksentscheid (Proposition 8) abgelehnt. Ein sehr emotionaler Moment, Milk-Regisseur Gus Van Sant schluckte schwer, Sean Penn ging's auch nicht besser und überhaupt sitzt vielen der Schock noch in den Knochen...

Simon Beaufoy gewinnt den Oscar für Bestes Drehbuch, Adaption für Slumdog Millionär. Seine Rede ist kurz und schmerzlos. Mir tut's trotzdem leid, dass David Hare nicht gewonnen hat (Der Vorleser). Ob's wohl tatsächlich wahr wird, dass der überhypte Slumdog Millionär abräumt?

Wall-E gewinnt für Bester Animationsfilm. Hat daran irgend jemand gezweifelt? Darauf hätte ich Geld gewettet, nur - wer hätte dagegen gewettet? Eben.

Bester Kurzfilm, Animation
: La Maison en petit Cubes.

Bestes Szenenbild geht an Der seltsame Fall des Benjamin Button. Na, wenn das nicht verdient ist.

Die Kostüme von Die Herzogin werden mit einem Oscar bedacht. Nächstes Jahr könnte der dann an Die Gräfin (The Countess) gehen, die sollen nämlich auch superduper sein, hat mir eine Expertin des Fachs bei der Berlinale vorgeschwärmt, als wir uns das überbewertete Chéri ansahen, dessen Kostüme keine Nominierung erhalten dürften (auch sonst keine, den Film kann man leider rundum vergessen).

Dass Der seltsame Fall des Benjamin Button sich den Oscar für Bestes Make-Up holt, überrascht wohl nicht weiter.

Robert Pattinson (Twilight) als Presenter, oh wow. Nein, halt, es geht um keinen Preis. Und seine Haare sehen noch kürzer aus als befürchtet. Präsentiert werden romantische Szenen aus allen möglichen Filmen, die in 2008 herauskamen und teilweise bei uns erst noch anlaufen. Romance 2008 nennt sich dieses Segment. Wieder einmal fragt man sich, wtf? Einerseits müssen sich die Gewinner ultrakurz fassen (45 Sekunden), andererseits hat man Zeit, um uns erst den tanzenden Jackman und jetzt das zu präsentieren?

Natalie Portman und und der als Joaquin Phoenix (mit Bart, Sonnenbrille, sollte wohl das Video posten, falls es jemand nicht gesehen hat.) verkleidete Ben Stiller präsentieren den Oscar für Beste Kamera. Endlich gibt's 'mal wieder etwas zu lachen. Dabei stolpert Stiller über das Wort Ci-ne-ma-to-gra-phy, wohl um an Cameron Diaz zu erinnern.... Wieder ein Preis für Slumdog Millionär. Das wird eine langweilige Oscar-Verleihung, wenn es so weiter geht.

James Franco und Seth Rogen, witziger als in Ananas Express, was nicht unbedingt viel bedeutet. Aha. Comedy 2008 ist das Segment. Zusammen mit Janusz Kaminski präsentieren sie die Kategorie Bester Kurzfilm und... Cool, der Preis kommt nach Germanien. Spielzeugland gewinnt.

Nö, echt jetzt, mehr Gesinge und Getanze, das nervt, auch wenn Zac Efron mitmacht und Beyonce Knowles ihren Money-Maker herumwirft. Wir schalten doch nicht ein, um eine Musical-Show zu sehen. So kann man die Einschaltquoten für die Oscars nicht re-animieren, Leute.

Griechische Tragödie, der Chorus, die zweite. Diesmal Christopher Walken, Cuba Gooding jr. u. a. Philip Seymour Hoffman hat jetzt seine restlichen Murmeln verloren, da sitzt er im schwarzen Woll-Käppie im Publikum. Und ich dachte, nur sein Bruder würde .... leiden... aber PSH ist auch ein Schauspieler, trotz Doppelkinn etc. und lässt's jetzt richtig 'raushängen. Manch einem tut ein Oscar so gar nicht gut.

Auch keine Überraschung: Heath Ledger gewinnt für Bester Nebendarsteller. Den Preis nehmen seine Eltern und seine Schwester entgegen, Michelle Williams ist nirgendwo zu sehen. Der Preis geht dann an Williams für mehr als ein Jahrzehnt, bis an ihrem 18. Geburtstag Matilda Ledger den Preis bekommt.

Bill Maher (demnächst: Religulous) erscheint, jetzt geht's also um Dokumentationen. Werner Herzog ist mit Encounters at the End of the World dabei, aber wir wetten auf Man on Wire und--- genau. Man on Wire gewinnt.

Weiter geht's mit Beste Kurzdoku. Smile Pinki. Megan Mylan zeigt, dass auch 45 Sekunden sehr lang sein können.

Noch 'ne Montage - Action 2008. Will Smith verkündet, dass er Action-Movies liebt. Hm, ob sein nächster Film wieder Action sein wird? Smith präsentiert die Kategorie Beste visuelle Effekte. Gewinner ist Benjamin Button und Brad Pitt strahlt natürlich. Es scheint, dass jedes Mal, wenn Benjamin Button einen Preis holt, der Gewinner Brad Pitt dankt.

Bester Ton geht an Slumdog Millionär.

Bester Tonschnitt an The Dark Knight.

Weiter geht's mit Bester Schnitt. Und der Oscar geht an: Slumdog Millionär. Gähn. Das hatten wir befürchtet.

Jean Hearsholt Humanitarian Award wird an Jerry Lewis verliehen. Eddie Murphy präsentiert diese Auszeichnung, um dessen Empfänger dieses Jahr schon seit der Ankündigung die Kontroverse tobt. Das Publikum steht schön artig auf, einige rufen laut, um Begeisterung vorzutäuschen, die allein am Applaus nicht zu hören wäre. Die Kamera schwenkt herum und zeigt, dass nicht alle begeistert sind. Ausgenommen natürlich Philip Seymour Hoffman, der eine Riesen-Show abzieht und Heidi Klum, die völlig star-struck guckt. Wer hat eigentlich an Heidi Klum gearbeitet, welcher Chirurg? Ihr verändertes Aussehen kann kaum daran liegen, dass sie jetzt die glatte Stirn zeigt und auch äußerst schlank ist... Egal. Wenigstens hält auch Jerry Lewis nur eine kurze Rede.

Noch ein Gewinn für Slumdog, diesmal für die Filmmusik. Weiter geht's musikalisch mit Bester Song. Da zwei der drei Nominierungen für Slumdog sind, braucht man dafür wohl auch keine Kristallkugel. Peter Gabriel hat ja schon abgelehnt, überhaupt mit seinem Song aus Wall-E aufzutreten, denn auch die Zeit für die Präsentation der Wettstreiter um den Oscar für Bester Song wurde lächerlich gekürzt... Deswegen gab's auch schon lange Diskussionen... Oh, welche Überraschung, der Oscar geht an Slumdog Millionär.

Liam Neeson (96 Hours) präsentiert den Oscar für Bester fremdsprachiger Film. Waltz With Bashir oder etwa Der Baader-Meinhof Komplex oder Revanche oder Die Klasse oder... ? Der Oscar geht nach Japan für Departures. Wenigstens eine Überraschung heute.

Queen Latifah singt während des In Memoriam Segments. Nett, nur dass man nicht sieht, wer verstorben ist. Auch nicht das, weshalb man sich die Oscar-Verleihung ansieht und nicht der Sinn des Segments...

Reese Witherspoon verkündet die Nominierungen für Beste Regie. Wenn Stephen Daldry nicht für Der Vorleser gewinnt, dann gehe ich Kaffee kochen. Beste Regie geht an Danny Boyle für Slumdog. Oh, gimme a break. Wieviel hat denn das Theater gekostet? Erwähnt er seine indische Co-Regisseurin? Höre ich 'was? Was soll's, Kaffee her.

Fast geschafft. Es geht weiter mit griechischer Tragödie, jetzt ist die Beste Hauptdarstellerin dran. Auf der Bühne stehen herum Shirley MacLaine, Nicole Kidman, Halle Berry, Sophia Loren und Marion Cotillard. Meine Favoritin: Kate Winslet. Und der Oscar geht an... Kate Winslet! Yeah! Auch dieses Mal wieder bekommt sie kaum Luft und wir befürchten, dass sie gleich in Ohnmacht fällt. Aber diese Rede fällt viel besser aus, sie bedankt sich allen am Vorleser beteiligten, von Berlin bis New York, und vergisst auch die inzwischen verstorbenen Produzenten Anthony Minghella und Sidney Pollack nicht.

Nun kommen die griechischen Männer, inkl. Michael Douglas und Robert DeNiro, die ihre Lobeshymnen auf die Nominierten für Bester Hauptdarsteller sprechen. Robert De Niro bringt uns zum Lachen, als er fragt, wie Sean Penn es eigentlich geschafft hat, all die Jahre Hetero-Männer zu spielen. Sir Ben Kingsley für Mickey Rourke. Und noch eine Überraschung - nicht Mickey Rourke, sondern Sean Penn bekommt den Oscar als Bester Hauptdarsteller. Wow, wer hatte damit gerechne, nachdem Mickey in letzter Zeit einen Preis nach dem anderen abgeholt hat?

Auch Sean Penn setzt sich ein für gleiche Rechte für alle Menschen, macht allerdings den Wählern Vorwürfe. Wie können sie einerseits Obama wählen, doch dann für die Proposition 8 stimmen? Sie werden sich vor ihren Kindern und Enkeln schämen, meint er. Auch Sean Penn bedankt sich bei Gus Van Sant, wie schon der Autor vor ihm.

Steven Spielberg präsentiert die Kategorie Bester Film. Wenn hier Slumdog Millionär gewinnt, dann wissen wir, was das bedeutet... Und um das Gähnfest abzurunden, trifft der befürchtete Gewinn von Slumdog Millionär ein.

Hunderte von Filmen werden jedes Jahr allein in den USA produziert. Wieviele dieser Hunderte wurden nominiert? Und verteilt haben sich die Oscars auf wieviele Filme? Kein Wunder, dass das Zuschauer-Interesse sich in Grenzen hält....

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Kurze Unterbrechung - Berlinale 2009

Wir unterbrechen unser Programm, da wir derzeit unsere Körper und die Bestuhlung in diversen Berliner Kinos einem Stress-Test alias Berlinale 2009 unterziehen.

Die Bestuhlung im Friedrichstadtpalast hat den Test definitv nicht bestanden. Denn auch ein höchstens mittelprächtiger bis unterdurchschnittlich unterhaltsamer Film wie The Messenger muss in den Sitzen zu ertragen sein - doch eingepfercht mit null Beinfreiheit und Rückenlehnen vom billigsten wird derartiges erst recht zur Tortur. Über den Sound reden wir erst gar nicht.

Leider ist aber nicht jeder Film so toll wie Der Vorleser oder so witzig-smart wie The Private Lives of Pippa Lee (mit Robin Wright Penn und Keanu Reeves) oder My One and Only (mit Renée Zellweger). Wie jedes Jahr, so heisst die Devise auch bei der Berlinale 2009 "hit and miss".

Die bequeme Bestuhlung, Beinfreiheit und - wie sich das gehört - Getränkehalter im Kino International trugen, genauso wie das den Heimvorteil voll ausnutzende Filmemacher-Team und Teile des Casts von Shortcut to Hollywood, dazu bei, dass wir dieser schwarzen Komödie Sympathie entgegen brachten...

Wir sind also nächste Woche wieder da, zur Not wird mit Wärmflasche im Rücken getippt. Beleidsbekundungen immer willkommen, so von wegen geteiltes Leid und so... [Grüße an die Bayerinnen zu Besuch in Berlin, die Psychologin aus Potsdam, Anne aus den USA, die polnischen Filmemacher, den Bayern, dem My One and Only auch so gut gefiel und last but not least an den Oldenburger auf dem Weg zum Casting. Break a leg, kiddo.]

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